In der kontrollierten, randomisierten, Open Label Multicenterstudie konnte nachgewiesen werden, dass eine laterale Episiotomie (Dammschnitt) bei Erstgebärenden mit Vakuumgeburt die Zahl der Verletzungen des analen Sphinkters (Schließmuskel) halbiert. Die im
Britischen Ärzteblatt
publizierten Ergebnisse zeigen parallel allerdings einen Anstieg der Wundheilungsstörungen.
Die Leitlinien raten bisher zu einem zurückhaltenden Einsatz der lateralen Episiotomie, da der Damm-schnitt oft als schmerzhaft empfunden wird, insbesondere, wenn wie oben erwähnt, die Heilung durch eine Infektion verkompliziert wird. Eine weitere Gefahr ist das Weiterreißen des Schnittes und eine Ver-letzung des analen Sphinkters.
Eine häufige Indikation für die laterale Episiotomie ist die Saugglocken¬geburt bei Erstgebärenden, wo-bei Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden müssen. Die Evidenz dazu beruht bisher vor allem auf Beobachtungsstudien, deren Ergebnisse häufig verzerrt sind. Aus diesem Grund haben acht schwedische Forscher:innen zu dieser Frage eine randomisierte Studie durchgeführt. Zwischen 2017 und 2023 erklärten sich 6.100 schwangere Frauen, die ihr erstes Kind erwarteten, bereit, im Fall einer kom-plizierten Entbindung mit Saugglocke das Los entscheiden zu lassen, ob der:die Geburtshelfer:in eine laterale Episioto¬mie durchführt oder keine Episiotomie gemacht wird. Final wurden in der EVA-Studie („Episiotomy in Vacuum Assisted Delivery“) 702 Frauen auf zwei Gruppen randomisiert. Primärer End-punkt war eine dritt- oder viertgradige Verletzung des Analsphinkters, die eine chirurgische Korrektur erforderlich macht. Dazu kam es in der Episiotomie-Gruppe bei 21 von 344 Frau¬en (6 %) gegenüber 47 von 358 Frauen (13 %) in der Vergleichsgruppe. Die Differenz von 7,0 Prozent ist mit einem 96-%-Konfidenzintervall von 2,5 bis 11,7 Pro¬zentpunkten signifikant. Auf 14,3 Entbindungen mit Episiotomie wurde eine Verletzung des Analsphinkters verhindert (Number Needed to Treat). Die adjustierte Risk Ratio betrug 0,46 (0,28-0,78) und nach Berücksichtigung der Unterschiede in den einzel¬nen Kliniken 0,47 (0,23-0,97). Die Episiotomie halbierte somit das Risiko auf eine schwere Ver¬letzung des analen Schließ-muskels.
Dem gegenüber stand ein Anstieg von Wundinfektionen und Wunddehiszenzen. Nach der Episiotomie kam es bei 32 Frauen (9 %) zu Wundinfektionen gegenüber 17 Frauen (5 %) in der Vergleichsgruppe. Die Differenz von 4,6 Prozentpunkten bedeutet eine „Number Needed to Harm“ von 21,7.
Wunddehiszenzen traten nach der Episiotomie bei 32 Frauen (9 %) auf gegenüber 12 Frauen (3 %) in der Ver¬gleichsgruppe. Bei einer Differenz von 6,0 Prozentpunkten errechnet Bergendahl eine „Number Needed to Harm“ von 16,9. Andere Komplikationen wie Blutverlust, schwere Schmerzen, Granulome oder Narben, Fisteln oder eine chirurgische Nachbehandlung traten nach der Episiotomie nicht häufiger auf. Die Arbeit ist im Volltext kostenlos verfügbar.